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05. Oktober 2022
Internationale Jugendaustausch – Endlich wieder neue Erfahrungen, Kontakte und Erinnerungen sammeln

Vom 16. bis 22.07.2022 veranstaltete der djo-Bundesverband in Kooperation mit AGDM und dem djo-Landesverband Sachsen eine erste multinationale Juleica-Schulung. Die intensive Woche zeigte, wie wichtig der Internationale Jugendaustausch aktuell ist und wie herausfordernd es gleichzeitig ist, die Internationale Jugendarbeit in diesen Zeiten voranzutreiben.

Die multinationale Juleica-Schulung fand in der djo-Bildungsstätte Spukschloss Bahratal statt. Es war die erste Kooperation des djo-Bundesverbands und der AGDM (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten in FUEN – die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten)¹.

Beide verbindet nicht nur ähnliche Zielgruppen von nationalen Minderheiten, sondern auch gemeinsame Ziele, die sie mit ihrer Internationalen Kinder- und Jugendarbeit verfolgen: Begegnungen von jungen Menschen ermöglichen, Räume für einen respektvollen Umgang mit Vielfalt schaffen und den Zusammenhalt in (und außerhalb von) Europa stärken.

Die Juleica-Schulung als Qualifizierungsangebot für (zukünftige) Jugendleiter_Innen stellte einen perfekten Einstieg in die (internationale) Kooperation dar. An der Schulung haben insgesamt neun Vertreter_innen der AGDM-Gliederungen aus neun Ländern teilgenommen. An der Teilnahme hat sich nochmal gezeigt, wie nahe die Welten der djo – Deutsche Jugend in Europa und der AGDM beieinander liegen. Einige der Teilnehmenden kamen von den Organisationen, die mit der djo – Deutsche Jugend in Europa bereits seit Jahren im Internationalen Jugendaustausch stark kooperieren – z.B. der Jugendring der Russlanddeutschen, die Landesversammlung der Deutschen in Tschechien und die Deutsche Jugend in der Ukraine. Am Vernetzungstag, der am 21.07. stattfand, nahmen zusätzlich der AGDM Sprecher Bernard Gaida, der Vorsitzende der Landesversammlung der Deutschen in Tschechien, Martin Dzingel und der Beauftragte für Vertriebene und deutsche Minderheiten in Sachsen, Dr. Jens Baumann teil.

Trotz einiger Schwierigkeiten (ein Corona-Fall und kurzfristige Absagen von einigen Teilnehmenden) lief die Schulung sehr gut. Das Besondere an dieser Schulung war, dass neben den klassischen Juleica-Modulen der Fokus auf die Internationale Jugendarbeit gelegt wurde, so lernten die Teilnehmenden die Grundlagen des Projektmanagements und die Grundprinzipien der Internationalen Jugendarbeit kennen. Das Ziel ist es, dass sie als zertifizierte Jugendleiter_innen selbst internationale Jugendmaßnahmen organisieren können.

Es gibt den klaren Wunsch, dieses Format in den nächsten Jahren zu wiederholen. Viele Teilnehmende haben über die Juleica in den Heimatländern berichtet. Die Freude, sich endlich persönlich zu begegnen, war groß:

„Besonders wertvoll war für alle Beteiligten, neben den Schulungsinhalten, auch die Möglichkeit zu haben, Menschen aus verschiedenen Ländern kennenzulernen und mit ihnen in den Austausch zu kommen. Hierdurch konnten Geschichten über verschiedenste Lebensrealitäten geteilt werden, was für alle sehr bereichernd war. Während unserer Juleica-Woche sind die Teilnehmenden, die sonst hunderte Kilometer voneinander trennen, in einen produktiven Gruppenprozess gekommen und eng zusammengewachsen. Diese Erfahrungen können sie sehr gut in ihre eigenen Gruppen mitnehmen.“ Charlotte Ünver, geschäftsführende Bildungsreferentin, djo-LV Sachsen, e.V.

Die persönliche Begegnung kann durch das Digitale nicht vollständig ersetzt werden – das konnten wir in den vergangenen fast zweieinhalb Jahren Pandemie feststellen. Die digitalen Tools konnten jedoch bei vielen Formaten die Vernetzung und Planung gut unterstützen und hatten ebenso einen positiven Effekt auf nachhaltige Aspekte und die Mobilität. Die reale Begegnung vor Ort bleibt trotzdem das A und O des Internationalen Jugendaustausches und das ist richtig so.

Der Internationale Jugendaustausch bringt Menschen aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen Hintergründen und Vorerfahrungen zusammen. Durch diese Begegnungen werden die jungen Menschen mit neuen Erlebnissen konfrontiert, lernen Unbekanntes und bilden neue Kontakte. Ebenso werden Vorurteile abgebaut und Perspektiven erweitert. Mit seinen Begegnungsformaten leistet der Internationale Jugendaustausch einen wichtigen Beitrag zum respektvollen Umgang zwischen Menschen und Ländern, zur Verständigung und zur Förderung der Demokratie und des Friedens in Europa und darüber hinaus.

Der Internationale Jugendaustausch schafft Räume, in denen sich junge Menschen sicher fühlen und in denen das zivilgesellschaftliche Engagement gefördert und sichtbar wird.

Die Pandemie, der Klimawandel und der anhaltende Krieg Russlands gegen die Ukraine schränken diese Räume ein und stellen junge Menschen vor große Herausforderungen. Es fehlt an bekannten Rückzugsorten, an persönlichen Kontakten, es gibt finanzielle Schwierigkeiten, die Zugänge sind erschwert und die Zukunftsplanung ist mit viel Unsicherheit und Ängsten verbunden. Die europäische Jugendarbeit ist vom Krieg und der Gewalt unmittelbar betroffen. Viele junge Menschen in Europa leben mit Kriegserfahrungen, die noch nicht genug thematisiert werden. Die Pandemie hat viele neue Partnerschaften gefährdet und das Ehrenamt belastet. Ebenso hat der Krieg in der Ukraine stabile Netzwerke und langjährige Kontakte zu Osteuropa bis ins Mark erschüttert.

Die Internationale Jugendarbeit ist als Verständigungs- und Friedensarbeit wichtiger denn je. Gerade jetzt braucht es gute und flexible Formate und zuverlässige Rahmenbedingungen. Die Partnerschaften müssen wieder oder ganz neu aufgebaut werden und die Partnerorganisationen benötigen aktuell unsere Unterstützung. Auch die Zivilgesellschaft im osteuropäischen Raum darf nicht vergessen werden. Das Aussetzen des Gastgebendenprinzips wäre eine Möglichkeit, die Partnerorganisationen im Ausland konkret zu unterstützen. Außerdem benötigen die Träger finanzielle Stabilität und unbürokratische Zugänge zu den Fördermitteln – die steigenden Preise, die Lücken im Ehrenamt und die Unsicherheiten bei der Planung von Internationalen Jugendbegegnungen überlasten die ehrenamtlich Aktiven und schrecken sie oft ab.

Gerade jetzt ist wichtig, dass wir uns solidarisieren und die Internationale Kinder- und Jugendarbeit stark in den Fokus rücken, um jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich und ihre eigene Stimme zu entwickeln.

Hana Campos
Referentin für Internationale Jugendarbeit

¹ Die AGDM ist ein informelles Arbeitsgremium, das seit 1991 alle Organisationen vereint, die mit dem Dachverband der autochthonen Minderheiten in Europa (FUEN) zusammengeschlossen sind. Die AGDM ermöglicht und fördert den Austausch und die Zusammenarbeit der Verbände.

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