Portrait einer Frau mit Gemüsekorb

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22. Januar 2021
„Mutter Erde muss verteidigt werden… weil wir Teil von ihr sind, nicht weil sie uns gehört.“

Wenn ich auf meine Geschichte und die meiner indigenen Gemeinschaft blicke, dann erinnere ich mich an die Worte meines Großvaters, der mich bat, nicht Aymara zu sprechen: „Sie werden dich dafür diskriminieren“, sagte er. Aber warum nicht Aymara sprechen, wenn es doch unsere Sprache ist? Weil wir in der Stadt leben.

Unsere Familien mussten ihre Wohnsitze auf dem Land verlassen, weil die starken Klimaschwankungen das Leben dort unerträglich machten, die Trockenheit immer heftiger wurde und der Wassermangel keine Bodenbewirtschaftung erlaubte. Ein bäuerliches Leben war nicht mehr möglich, sodass wir in die Städte ziehen mussten. Dort mussten wir für wenig Geld viel arbeiten, Demütigungen ertragen, Hunger erleiden, unsere gemeinsamen Wurzeln kollektiv verdrängen und wir wurden angehalten zu glauben, dass die Erde nur ein Objekt und nicht Mutter sei.

Die Auswirkungen des Klimawandels rufen Ungleichheit, Armut und Elend in unseren Gebieten hervor. Jenseits von einem reinen Umweltthema hat sich diese Krise zu einem sozialen, wirtschaftlichen und hochpolitischen Problem entwickelt. Wenn sich die Beziehung zwischen Erde und Mensch in eine reine Handelsangelegenheit verkehrt, entsteht eine Krise, also ein grundsätzliches strukturelles und systemisches Problem, das mit vereinzelten und freiwilligen Aktionen nicht mehr zu lösen ist. Daher brauchen wir strukturelle Maßnahmen, die von Seiten des Staates kommen, aber nicht klassische, von Regierungen verordnete Politik, sondern eine Politik von unten in Zusammenarbeit mit den indigenen Völkern und anderen marginalisierten Gruppen.

Wir können aber nicht auf den guten Willen staatlicher Politik warten, sondern müssen uns organisieren und zwar, um uns an den Klimawandel anzupassen und den Emissionsausstoß zu reduzieren. Unsere Gebiete produzieren keine Treibhausgase, daher ist unsere Hauptaufgabe die ANPASSUNG. Die Reduzierung von Emissionen müssen wir von denen einfordern, die dieses Problem verursacht haben. Wir hingegen müssen uns darauf konzentrieren, unser Leben umzustellen und zwar unter Einbeziehung der historischen Wissensbestände, Erinnerungen und Stimmen der indigenen Bevölkerung. Die Beteiligung junger Menschen ist dabei sehr wichtig, denn sie werden diejenigen sein, an die das tausendjährige Wissen unserer Völker weitergegeben wird.

Erinnerung ist fundamental, um die Krise anzugehen — die Erinnerung an unser tradiertes Wissen wie auch an die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Wir jungen Menschen können nicht vergessen, woher wir gekommen sind, wir müssen uns diesem Kampf unter größter Würdigung unserer Wurzeln stellen. Wir jungen, in der Stadt lebenden Indigenen sind Teil dieses Kampfes, weil diese Entwicklungen uns unsere Zukunft nehmen. Mutter Erde muss verteidigt werden, weil wir Teil von ihr sind, nicht weil sie uns gehört.

(Übersetzt aus dem Spanischen von Sarah Hanke)

Adriana Salazar Larico (20 Jahre) aus Bolivien gehört zur Volksgruppe der Aymara, ihre Familie stammt aus Guaqui. Adriana lebt in El Alto, einer Stadt, die im Zuge indigener Migrationsbewegungen in der Nähe der bolivianischen Hauptstadt La Paz entstanden ist. Adriana ist in vielen sozialen Organisationen, darunter Inti Watana, Juventudes por la Justicia Climática, Consejo Juvenil por la Madre tierra, Red de jóvenes por el Vivir bien und Fridays For Future Bolivia, aktiv, z.T. sogar als Gründerin und Koordinatorin. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universidad Mayor de San Andrés in La Paz.

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