Für die Ausgabe unserer Verbandszeitschrift der PFEIL von Juni 2023 mit dem Thema „Engagement und Ehrenamt“ haben wir eine spannende Rede von unserem Vorstandsmitglied Mark Zinoviev veröffentlicht, der darin über seine Erfahrungen und über seine Liebe zum Ehrenamt spricht.
Guten Tag meine geehrten Mitstreiter und Mitstreiterinnen, ich heiße Mark und ich möchte euch von meiner Reise hierhin erzählen. Natürlich nicht von der Reise aus Freiburg nach Duderstadt, obwohl das ein Abenteuer für sich war, aber von meiner Reise, wie ich zur Jugendarbeit und der djo – Deutsche Jugend in Europa gekommen bin. Wir fangen wie in den meisten anderen Geschichten am Anfang an.
Guten Tag meine geehrten Mitstreiter und Mitstreiterinnen, ich heiße Mark und ich möchte euch von meiner Reise hierhin erzählen. Natürlich nicht von der Reise aus Freiburg nach Duderstadt, obwohl das ein Abenteuer für sich war, aber von meiner Reise, wie ich zur Jugendarbeit und der djo – Deutsche Jugend in Europa gekommen bin.
Wir fangen wie in den meisten anderen Geschichten am Anfang an. Es ist das Jahr 2015, ich bin neun Jahre alt und vor ungefähr vier Jahren aus Russland nach Deutschland ausgewandert. Und diejenigen von euch, die auch im jungen Alter ausgewandert sind werden wissen, dass es ein ziemlich komisches Gefühl ist. Ich meine selbst nach vier Jahren hier dachte ich immer noch, dass wir nur im Urlaub sind. Ich dachte, dass wir bestimmt ganz bald wieder zurückfahren.
Es hat Jahre gedauert, um zu verstehen, dass ich mich so gefühlt habe, weil mir Deutschland nie das Gefühl gab, mein Zuhause zu sein. Zu dem Zeitpunkt beherrschte ich die Sprache fließend, ich hatte Freunde, aber ich hatte nicht das Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Und dann eines Tages — wie der Zufall es so wollte — habe ich mich in einem Russischsprachigen Verein namens Modellierton wiedergefunden. Ich war recht skeptisch. Irgendein Verein wo alle Russisch sprechen und man mich zwingt, die typischen Teambuilding-Spiele zu spielen… Naja, dachte ich mir, was soll‘s. Mache ich eben mit und kann dann gleich wieder nach Hause gehen. Aber dabei blieb es nicht. Es dauerte nicht lange und mir wurde gesagt, ich fahre in ein Ferienlager, in ein “russisches”. Meine einzige Erfahrung mit “russischen” Ferienlagern spiegelte die eines typisch sowjetischen wieder. Man ist mitten im Nirgendwo, wo die Farbe von den Wänden, oder sogar mit den Wänden abfällt. Überall sind nervige blutsaugende Mücken, die einen nicht in Ruhe lassen. Manche von denen haben wir auch Erzieher genannt. Und es herrscht die Regel „Der stärkste überlebt”, und wer im Sandkasten die Schaufel will, wird gebissen.
Aber zu meiner Überraschung war ich in einer Jugendherberge. Ein sehr gepflegter Ort mit wunderbarer Ausstattung. Und wer sich von euch an das erste Mal in einem Ferienlager erinnert, wird wissen, dass es am Anfang nicht immer leicht ist. Man ist unter völlig Fremden für eine Woche und die Erwachsenen wollen, dass wir irgendwelchen Blödsinn machen. Wir mussten uns als Gruppe an einem Seil festhalten und einen Knoten lösen. Nun, nachdem die Woche vorbei war, sah ich alle sich die Augen rausheulen. Wieder etwas, dass sich in dem Moment überspitzt anfühlte. Ich persönlich war froh, dass es vorbei war, weil ich endlich meine Ferien genießen konnte. Zumindest bis ich im Auto saß. Denn dann überkam mich ein Gefühl der unbeschreiblichen Trauer. Und es war wie eine verzögerte Reaktion nach einem Schock. Ich begann zu weinen als ich über die Woche nachdachte. Über all die Freude, die ich gespürt habe, über all die tollen Momente, in denen man gelacht hat, die Abendveranstaltungen, die morgendlichen Singstunden und der Frühsport. Die stundenlangen Gespräche nach der Nachtruhe und das Ins-Nachbarzimmer-Schleichen bei dem man immer dachte, man kann die Betreuer_innen austricksen.
Aber am prägendsten waren die Jugendleiter_innen. Denn sie waren diejenigen, die es geschafft haben, uns in dieser Woche ein Gefühl des nie mehr endenden Sommers und, viel wichtiger, ein Gefühl von Zuhause zu geben. Das war damals der Moment, als ich mich in die Jugendarbeit verliebte. Und das war ebenso der Moment, als ich endlich ein Zuhause fand. Das sind ebenso die Werte, die ich mit der djo, JunOst und der Jugendarbeit allgemein verbinde. Ich wusste, dass ich eines Tages auch ein Jugendleiter werde, denn sie waren mein Vorbild. Und als ich weiter gemeinsam mit Modellierton aufwuchs, bekam ich 2019 endlich die Möglichkeit dazu. Ich war erst 14, und ich hatte Angst, viel Angst. Ich war doch nur ein Kind, aber mir wurde bereits so viel Verantwortung anvertraut. Ich wusste, dass ich alles daran setzen würde, einen guten Job zu machen, weil mein Grund ein Jugendleiter zu sein der war, dass ich all den anderen jungen Menschen genau das gleiche Gefühl geben wollte, ein Gefühl von Zuhause.
Ich wollte, dass sie genau das gleiche wie ich mit der Jugendarbeit verbinden und auch mit Tränen nach Hause fahren. Ich wollte, dass sie hier die Freunde fürs Leben finden. Und ich wollte mit ihnen meine Liebe zur Jugendarbeit teilen. Das wusste auch Irina Gottfried. Sie sah mein Engagement und meine brennende Liebe. Und eines Tages in 2021 schlug sie mir vor, ich solle doch für den JunOst-Vorstand kandidieren. Wow. Ich, im Vorstand? Ist das überhaupt möglich? Ich war so fasziniert von der Idee und der Möglichkeit, die mir selbst nie in den Sinn gekommen wäre. Ein 16-Jähriger im Bundesvorstand eines Jugendverbandes. Es war ihr Glaube an mich, der mir half, an mich selbst zu glauben und 2021 wurde ich dann in den Vorstand vom VRJD JunOst gewählt. Ich saß nun am Tisch mit den Erwachsenen, im metaphorischen aber auch im wörtlichen Sinn. Ich setzte alles daran, den Aufgaben und der Verantwortung gerecht zu werden. Im Vorstand durfte ich eine weitere wunderbare Irina kennenlernen. Die Irina Zhukovskyy ist eine mehr als tolle und überkompetente Kollegin, die trotz ihres anspruchsvollen Amtes nie die Menschlichkeit verliert. Sie war die zweite Irina, die meine Leidenschaft, mein Potenzial, und meine Kompetenz gesehen hat. Sie war diejenige, die mir vorschlug, für den Bundesvorstand der djo – Deutsche Jugend in Europa zu kandidieren. Nun stehe ich hier vor euch und kandidiere. Ich stehe hier, weil ich der vollsten Überzeugung bin, dass jeder Jugendverband eine junge Perspektive braucht. Partizipation ist ein sehr wichtiges Thema. Und Worten müssen Taten folgen! Ich bin hier, weil ich all den anderen jungen Menschen ein Vorbild sein möchte. Ich möchte zeigen, dass Engagement geschätzt und anerkannt wird. Dass es nicht unmöglich ist, mitzuentscheiden. Ich möchte, dass mehr junge Menschen die Möglichkeit darin sehen, mit am Tisch zu sitzen und die Jugendarbeit mitzugestalten.
Mark Zinoviev Vorstand JunOst e. V. und djo – Deutsche Jugend in Europa Bundesverband e. V.
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